Konzert am 19. März 2017
Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 19. März 2017
Thomas Linley der Jüngere erblickte 1756 – im gleichen Jahr wie Wolfgang Amadeus Mozart – im englischen Bath das Licht der Welt. Sein Vater, Thomas Linley der Ältere, war Cembalist, Komponist und Gesangslehrer und erteilte seinen Kindern Musikunterricht. Thomas junior gab bereits im Alter von sieben Jahren Violinkonzerte und seine Schwestern waren bekannte Sängerinnen. Auch als Komponist war Thomas Linley d.J. bereits tätig, als er 1768 nach Italien ging, um bei Pietro Nardini zu studieren. In Florenz schloss der 14jährige im April 1770 Freundschaft mit dem gleichaltrigen Mozart. Hierzu schreibt der Musikhistoriker Charles Burney in seinem „Tagebuch einer musikalischen Reise durch Frankreich und Italien“: „Vom Tomasino, wie man ihn nennt, und dem kleinen Mozart spricht man in ganz Italien, als von zwey Genies, die die größte Hofnung geben.“ Linley kehrte 1771 nach England zurück und wurde schnell zu einer der führenden Persönlichkeiten im Londoner Musikleben. Auch sein Vater kam nach London und wurde zunächst Leiter des Orchesters des Theatre Royal Drury Lane, später dessen Musikalischer Direktor. Linley d.J. erreichte seinen bis dahin größten Erfolg mit der Musik für die Oper „The Duenna“ nach einem Libretto seines Schwagers Richard Brinsley Sheridan. Teile der Oper komponierte er zusammen mit seinem Vater. Die Uraufführung fand 1775 im Covent Garden Theatre statt, und das überaus erfolgreiche Stück erlebte bereits in der ersten Saison 75 Aufführungen. Die dreisätzige Ouvertüre (Allegro-Adagio-Rondeau: Allegro) beeindruckt durch die Holzbläserklänge im langsamen Satz und Dudelsack-Effekte im Finale. Thomas Linley d.J., der auch der englische Mozart genannt wird, ertrank im Alter von 22 Jahren 1778 bei einem Bootsunfall.
Ein Manuskript des Konzerts Nr. 109 Es-Dur QV 5:89 für Flöte, Streicher und Generalbass von Johann Joachim Quantz wird in der Staatsbibliothek zu Berlin verwahrt, ein weiteres Manuskript gilt als verloren. Im Jahr 2001 kehrten dann mit der Entdeckung und Rückführung des seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen geglaubten Archivs der Sing-Akademie zu Berlin zwei weitere Manuskripte des Konzerts aus Kiew nach Berlin zurück, die nun ebenfalls in der Staatsbibliothek aufbewahrt werden.
Der 1. Satz beginnt mit einem sehr markanten Kopfmotiv, das aus vier Triolen mit zwölf gleichen Tönen besteht, gefolgt von vier Viertelnotenschlägen. Dieses Motiv tritt im Verlauf des Satzes immer wieder auf und unterbricht auch die Solopassagen. In starkem Kontrast zu diesem Tutti-Motiv stehen die Generalpausen, die einzelne Abschnitte voneinander trennen. Sehr ungewöhnlich für ihn komponierte Quantz den langsamen Satz: mehrere kurze Tutti- und Soloabschnitte wechseln sich ab, wobei auch immer die Taktart geändert wird. Fast rezitativartig klingen diese Abschnitte zu Beginn und vor allem am Ende des Satzes. Dazwischen befindet sich eine längere sehr gesangliche und mit Arioso überschriebene Solopassage. Auch der 3. Satz des Konzerts weicht von der sehr häufig bei Quantz anzutreffenden Form ab, denn statt wie meist zwei Themen im ersten Tuttiabschnitt (Ritornell), sind es hier gleich vier. Und im Verlauf des Satzes kommen sogar noch zwei weitere hinzu. Ansonsten ist dieser Satz aber – wie auch der 1. – in der bei Quantz meistens anzutreffenden Ritornellsatzform komponiert. Dabei spielt das Tutti jeweils das Thema oder einen Teil desselben, dazwischen erklingen Soloepisoden mit thematischen Motiven und freien Spielfiguren.
Carl Friedrich Abel (1723-1787) wurde als Sohn eines Gambenvirtuosen in Köthen geboren. Ab 1748 wirkte er neun Jahre lang unter Johann Adolf Hasse in der Dresdner Hofkapelle mit, der auch Johann Joachim Quantz bis 1741 angehört hatte. 1759 ließ sich Abel in London nieder und wurde Kammermusiker der Königin Sophie Charlotte. 1762 kam auch der jüngste Sohn von Johann Sebastian Bach, Johann Christian, nach London und wurde Musiklehrer der Königin. Als sich die beiden Junggesellen in der Themsestadt über den Weg liefen, entstand eine lebenslange Freundschaft und sie bezogen eine gemeinsame Wohnung im damals vornehmen Soho im Londoner Norden. Die beiden riefen die „Bach-Abel-Concerts“ ins Leben, die ersten Londoner Abonnementskonzerte, die von 1764 bis 1781 stattfanden und zu den beliebtesten Veranstaltungen im Londoner Gesellschaftsleben gehörten. Neben vielen Erstaufführungen von Werken Joseph Haydns, Auszügen aus Opern und geistlichen Chorwerken, brachten Bach und Abel hier ihre neuesten Symphonien und Konzerte zu Gehör. Der Erfolg der „Bach-Abel-Concerts“ nahm schon vor Bachs Tod 1782 allmählich ab. Abel führte danach die Konzerte noch ein Jahr erfolglos fort. Er unternahm Konzertreisen, kehrte aber 1785 nach London zurück, wo er 1787 in ärmlichen Verhältnissen starb. Seine Kompositionen umfassen Symphonien, Konzerte, Kammermusik und eine große Anzahl von Werken für Gambe.
Die Symphonie Es-Dur op.17 Nr.1 wurde 1782 als erste in einer Sammlung von sechs Symphonien in London bei Bremner unter dem Titel „Six Overtures in Eight Parts Composed and by Permission Most humbly Dedicated to His Royal Highness George Prince of Wales by C.F. Abel. Op. XVII.“ veröffentlicht. Im Werkverzeichnis von Walter Knape (1971) findet sich das mit zwei Oboen, zwei Hörnern, Streichern und Generalbass besetze Werk unter der Nummer WK 31.
Johann Christian Bach (1735-1782), der Mailänder oder Londoner Bach, war das elfte von dreizehn Kindern aus Johann Sebastian Bachs zweiter Ehe mit Anna Magdalena. 1750 ging Johann Christian Bach nach Berlin zu seinem Halbbruder Carl Philipp Emanuel, dem Kammercembalisten König Friedrichs II, um von ihm Klavierunterricht zu erhalten. Hier lernte er die Brüder Graun, Franz Benda, Johann Joachim Quantz, Johann Friedrich Agricola und Johann Philipp Kirnberger kennen. 1756 reiste Bach nach Italien und studierte Kontrapunkt bei Padre Martini in Bologna. 1760 wurde er Organist am Mailänder Dom, schrieb aber gleichzeitig seine ersten Opern, durch die er auch im Ausland bekannt wurde. 1762 ließ er sich in London nieder. 1774 heiratete er Abels ehemalige Geliebte, die italienische Opernsängerin Cecilia Grassi. Ihre Ehe blieb kinderlos. Als der Zulauf zu den Bach-Abel-Konzerten allmählich schwand, geriet Bach immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten und musste mit seiner Frau in den Londoner Vorort Paddington umziehen. 1781 wurde Johann Christian Bach schwer krank und verstarb schließlich am 1. Januar 1782 hochverschuldet. Die Königin übernahm die Begräbniskosten und gewährte Bachs Witwe eine lebenslange Rente von jährlich 200 Pfund sowie 100 Pfund für die Heimreise nach Italien
Die Symphonie B-Dur op. 6 Nr. 4, komponiert 1766, findet sich im Werkverzeichnis von Ernest Warburton (1999) unter der Nummer W.C10. Die Opusnummer ist doppeldeutig, denn Bach hatte ursprünglich unter op. 6 eine Reihe von sechs Canzonetten veröffentlicht. Davon wusste der Amsterdamer Verleger Hummel offenbar nichts, als er 1770 unter eben dieser Opuszahl sechs Symphonien Bachs herausgab.
Dr. Meike ten Brink