3. April 2022

Konzert am 3. April 2022

Dr. Meike ten Brink

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 3. April 2022

Gustav(us) Theodore von Holst (das „von“ ließ er später weg) wurde 1874 im englischen Cheltenham geboren und starb 1934 in London. Er entstammte einer Musikerfamilie. Nachdem er schon als Organist und Chorleiter gearbeitet hatte, wurde er 1893 am Royal College of Music in London aufgenommen und studierte Posaune und Komposition. Hier lernte er Ralph Vaughan Williams kennen, mit dem er sein Leben lang befreundet blieb. Als Chorleiter verliebte er sich 1897 in die Sopranistin Isobel Harrison, die er 1901 heiratete. Ihre 1907 geborene Tochter Imogen wurde ebenfalls Musikerin und Musikschriftstellerin. Holst nahm verschiedene Stellen als Musiklehrer an, da es schwierig war, seinen Lebensunterhalt mit Auftritten und Kompositionen zu verdienen. 1905 wurde er zum Musikdirektor an der St. Paul‘s Girls‘ School in Hammersmith (London) ernannt, wo er bis zu seinem Lebensende arbeitete. Als man die Schule um einen Musiktrakt erweiterte, wurde für Holst ein schalldichter Unterrichtsraum gebaut, in dem er fortan auch komponierte. Die St. Paul‘s Suite (op. 29 No. 2) für das Schulorchester war die erste Komposition, die er dort 1912/13 schrieb. Die ursprüngliche Version für Streichorchester ergänzte Holst noch um Bläserstimmen. Der Schlusssatz „The Dargason“ des viersätzigen Werkes ist ein Neuarrangement des 4. Satzes seiner „Second Suite in F for Military Band“ (1911). „The Dargason“ ist ein englischer Tanz aus dem 16. Jahrhundert. Holst verbindet im Finale dessen mitreißende Melodie mit dem aus derselben Epoche stammenden „Greensleeves“. Die St. Paul‘s Suite wurde vor ihrer Veröffentlichung einige Male als „Suite in C“ aufgeführt und bei mehreren Gelegenheiten als Ballettmusik verwendet
Holsts bekanntestes Werk ist die Orchestersuite „Die Planeten“ („The Planets“), entstanden 1914-1916 und erstmals vollständig aufgeführt 1920. Obwohl es für ihn nach dem Erfolg dieses Werkes einfacher war, von seinen Kompositionen zu leben, blieb er bis zu seinem Tod auch als Lehrer tätig. Zweimal besuchte er die Vereinigten Staaten: 1923, um an der Universität von Michigan zu lehren und 1932, um ein halbes Jahr als Lehrer und Dozent in Harvard zu verbringen.

Der australische Komponist Graeme Koehne, geboren 1956 in Adelaide, studierte an der dortigen Universität und später an der Yale University (USA). 1987 wurde er Kompositionslehrer an der Universität in Adelaide, wo er 2002 zum Doktor der Musik promoviert wurde und dort bis heute als Professor für Komposition lehrt. Mit seinen Kompositionen vertritt er den Übergang zwischen Nachkriegsmodernismus und postmoderner Ästhetik und gewann mehrere Kompositionspreise. Er vereint in seinem Werk verschiedene Einflüsse aus klassischer und populärer Musik sowie aus Filmmusik und Jazz.
Das Werk „To his servant Bach, God grants a final glimpse: the morning star“, übersetzt „Seinem Diener Bach gewährt Gott einen letzten Blick: den Morgenstern“, entstand 1989. Neben der Besetzung mit einem Streichorchester gibt es auch Versionen für ein Streichquartett, für Orgel und für Harfe. In der englischsprachigen Notenausgabe findet sich neben dem Titel ein Zitat des Bach-Biographen Philipp Spitta aus dem Jahr 1880 über den alten und erblindeten Johann Sebastian Bach, das hier im deutschen Original wiedergegeben wird: … so daß Bach des Gesichtes nunmehr ganz beraubt war … Am 18. Juli konnte er plötzlich wieder sehen und das Licht vertragen. Aber es war der letzte Gruß des Lebens … Er starb Dienstag, den 28. Juli 1750 … Der Komposition Koehnes liegt der Choral „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ zugrunde, 1599 komponiert von Philipp Nicolai und von Bach 1725 in der gleichnamigen Choralkantate (BWV 1) verarbeitet. Die Choralmelodie (cantus firmus) besteht aus Dreiklangsmotiven, Skalenausschnitten und Wiederholungen kurzer Motive und liegt im ersten Satz von Bachs Kirchenkantate im Sopran. In Koehnes Werk erklingt der Choral in den hohen Streicherstimmen, so dass das Werk sicher als Widmung an Bach verstanden werden kann.

Friedrich II. von Preußen (1712-1786) komponierte im Verlauf seines Lebens vier Flötenkonzerte, zwei Sinfonien, 121 Flötensonaten und Arien. Der König weist sich als sehr begabter Melodiker aus, der seine Kompositionen aber nur für sich schrieb und nicht veröffentlichte. 1728 hatte der sechzehnjährige preußische Kronprinz in Dresden Johann Joachim Quantz kennen gelernt, der ihm zukünftig Flötenunterricht erteilte und zu diesem Zweck zweimal jährlich nach Berlin, Ruppin oder Rheinsberg reiste. Am 12. Januar 1736 schrieb der Kronprinz Friedrich aus Berlin an seine Schwester Wilhelmine von Bayreuth: „Liebste Schwester! Ich nehme Quantzens Abreise wahr, um Dir ein von mir komponiertes Konzert mitzugeben, da Du ja anscheinend eins zu haben wünschtest.“ Ob es sich hier um das Konzert Nr. 1 von Friedrich handelt, ist nicht bekannt, aber es ist wohl anzunehmen, dass das Konzert in G-Dur 1736 oder früher komponiert wurde.

Edvard Grieg wurde 1843 in der westnorwegischen Hafenstadt Bergen geboren und starb ebenda 1907. Seine Mutter, eine Pianistin, erteilte ihm ab seinem sechsten Lebensjahr Klavierunterricht, mit neun Jahren begann er zu komponieren. Von 1858 bis 1862 studierte er am Leipziger Konservatorium. 1863 zog er nach Kopenhagen, wo er
1867 seine Cousine Nina Hagerup heiratete. Ab 1866 lebte er als Pianist und Klavierlehrer in Oslo und übernahm die Leitung der Philharmonischen Gesellschaft. 1871 gründete er den Musikverein, den er bis 1876 leitete. Vom norwegischen Staat erhielt er einen Ehrensold, der es ihm ermöglichte, sich mehr seiner Kompositionstätigkeit zu widmen. Mit seiner Frau, einer Sopranistin, reiste er als Pianist und Dirigent durch ganz Europa und erfreute sich großer Beliebtheit. 1877 ließ sich Grieg in Lofthus am Sørfjord (Hardanger) im Westen Norwegens nieder. 1885 konnte das Ehepaar die neuerbaute Villa Troldhaugen südlich von Bergen beziehen, in der sich bis heute das Grieg-Museum befindet. Edvard Grieg erhielt zahlreiche Auszeichnungen und zweimal die Ehrendoktorwürde.
Während Grieg mit seiner Frau den Sommer 1884 in Lofthus verlebte, erhielt er einen Kompositionsauftrag anlässlich des 200.Geburtstages des dänisch-norwegischen Dichters Ludvig Holberg. Grieg ließ sich von der Zeit des Dichters inspirieren und griff in dem Werk „Aus Holbergs Zeit – Suite im alten Stil für Streichorchester op. 40“ auf barocke Formen zurück. Schon die Satzbezeichnungen Präludium, Sarabande, Gavotte, Air und Rigaudon verweisen auf das Vorbild der französischen Suite. Grieg selbst bezeichnete die Komposition als „Perückenstück“ und verweist damit auf den historisierenden Charakter seines Werkes, das eine Ausnahmestellung im Gesamtwerk einnimmt, welches bis dahin durch volkstümliche Elemente und Naturimpressionen gekennzeichnet war. Dennoch ist auch in der Holberg-Suite Griegs eigene musikalische Sprache besonders in der harmonischen Gestaltung gut zu erkennen. Zunächst als Klavierwerk komponiert dirigierte Grieg selbst die Fassung für Streichorchester bei der Uraufführung in Bergen 1885.

Dr. Meike ten Brink