Konzert am 5. Mai 2013

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 5. Mai 2013

Im diesjährigen Konzert wird Johann Joachim Quantz von drei böhmischen Komponisten eingerahmt: Johann Baptist Vanhal, Johann Baptist Georg Neruda und Jan Václav Vořišek.

Johann Baptist Vanhal wurde am 12. Mai 1739 in Nové Nechanice in Böhmen (heute Tschechien) geboren und war später in Wien als Komponist tätig. Dort starb er am 20. August 1813. Seine Autographen unterzeichnete er mit „Johann Wanhal“, aber sein Name ist in vielen verschiedenen Schreibweisen überliefert: Jan Křtitel Vaňhal, Wanhal, Wanhall oder van Hal.
Vanhal stammte aus einer Familie leibeigener Bauern und erhielt seinen ersten Musikunterricht vom Schulmeister seines Geburtsortes. Durch die Gräfin Schaffgotsch, die Gemahlin seines Grundherrn, kam er 1760/61 nach Wien, wo er seine musikalische Ausbildung fortsetzte. Vanhal erwarb sich einen ausgezeichneten Ruf als Lehrer, Violinist und Komponist und konnte sich mit seinen erzielten Einkünften aus der Leibeigenschaft freikaufen. 1769 bis 1771 reiste er nach Italien und hatte hier u.a. Kontakt zu Gluck. In den folgenden Jahren lebte er zeitweise in Kroatien in der Residenz seines neuen Patrons, des Grafen Erdödy. Ab etwa 1780 konnte Vanhal auf fürstliche Patronage verzichten und allein von seinen Einnahmen als freischaffender Komponist und Pädagoge leben.
Vanhals Kompositionen wurden in der ganzen Welt aufgeführt. Noch zu seinen Lebzeiten erschienen zahlreiche Druckausgaben seiner Werke. Er wurde von seinen Kollegen hoch geachtet – einschließlich Haydn und Mozart. Mit diesen beiden und Baron Dittersdorf fand 1784 ein legendärer Quartettauftritt statt, bei dem Haydn und Dittersdorf Violine spielten, Mozart Viola und Vanhal Violoncello.
Vanhal schrieb zahlreiche Werke in allen damals gängigen Gattungen: Konzerte, Kammermusik, Musik für Tasteninstrumente, Messen, Requien, Motetten und 76 Symphonien. Das thematische Verzeichnis der Symphonien erstellte Paul Bryan, nach dessen Namen und der Tonart des Werkes die Nummerierung erfolgte. Entstanden sind Vanhals Symphonien in den 1760er und 1770er Jahren in Wien. Die Symphonie e-Moll (Bryan e2) gehört vermutlich zu einer Reihe von sechs Symphonien, die 1771 bis 1773 komponiert wurden, also nach Vanhals Rückkehr aus Italien. Vier dieser sechs Symphonien – so auch die e-Moll-Symphonie – erschienen 1775 in Paris als op. 18 im Druck.
Zu Vanhals Stil gehört die Neigung zu ausgespannten kantablen Themen. Sein Hang zu thematischer Integration zeigt sich dadurch, dass er thematische Bezüge zwischen den einzelnen Sätzen seiner Symphonien herstellt.

Johann Baptist Neruda (Jan Křtitel Jiří Neruda) wurde um 1711 geboren. Er lernte Violine und Violoncello und war mehrere Jahre Mitglied eines Prager Theaterorchesters. 1741 kam er nach Dresden und trat in den Dienst des Grafen Rutowski. 1749/50 wurde er Violinist in der Dresdner Hofkapelle und arbeitete sich im Lauf der Jahre vom 14. bis zum 5. Violinisten hoch. Er starb am 11. Oktober 1776 in Dresden.
Seine Werke, von denen nur ein Teil überliefert ist, beinhalten Symphonien, Konzerte, Kammermusik, Kirchenmusik und eine Oper. Sein heute bekanntestes Werk ist das Konzert für Trompete, Streicher und Basso continuo in Es-Dur, das ursprünglich für Corno da caccia geschrieben wurde. Dieses etwas kleinere Horn wurde mit einem trompetenähnlichen Mundstück geblasen und war in Sachsen sehr populär. In diesem Werk verlangt der Komponist für das Soloinstrument Horn einen recht großen Tonumfang vom 8. bis zum 24. Naturton. Der Bläser dieses Konzerts muss ein überragender Hornist gewesen sein, der die damals hoch entwickelte Clarinblaskunst auf dem Corno da caccia beherrschte.
Das Manuskript des Konzerts mit der Bezeichnung CONCERTO / à / Corno Primo / 2 Violini / Alto Viola / Con Basso / Del Sig: Neruda wurde in der Bibliothek des Zisterzienserklosters in Osek (Ossegg) in Nordböhmen gefunden und liegt jetzt im tschechischen Nationalmuseum in Prag. Das Konzert könnte daher für die Hornvirtuosen Anton Joseph Hampel oder Jan Vaclav Stich-Punto, die im Orchester im Kloster Osek wirkten, komponiert sein – vielleicht aber auch für den Hornisten Johann Georg Knechtel, der zusammen mit Neruda Mitglied der Dresdner Hofkapelle war. Aufgrund der sehr hohen Lage wird das Konzert häufig als Trompetenkonzert gespielt. Es repräsentiert den „Galanten Stil“, eine Stilrichtung, die sich durch einfache harmonische Fortschreitungen und eine gesangliche Oberstimme auszeichnet. Die Violinen sind häufig unisono geführt, und die Viola spielt oft mit dem Bass zusammen. Das Werk folgt der von Vivaldi etablierten dreiteiligen Form, bei der zwei schnelle Sätze einen langsamen Mittelsatz umrahmen.

Die zwei Manuskripte vom Konzert Nr. 193 a-Moll QV 5:236 von Johann Joachim Quantz werden in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt. Die Stimmensätze sind zwei Schlössern Friedrichs des Großen zugeordnet: pour Charlottenbourg und pour Potsdam. Der Titel lautet bei beiden Manuskripten Nro : 193. Concerto, â 5, Flauto Traversiero, Violino Primo, Violino Secondo, Violetta e Basso. di Quantz. Die Mappen enthalten jeweils sechs Stimmen (Flöte, Violine 1, Violine 2, Violetta, Basso und Basso ripieno), die von zwei professionellen Kopisten und dem Quantz-Schüler Augustin Neuff geschrieben wurden. Letzterer war seit 1754 Mitglied der Königlichen Kapelle. Das Konzert wurde vermutlich um 1756 komponiert.
Das Konzert hat die Satzfolge schnell-langsam-schnell nach dem Vorbild Vivaldis. Alle drei Sätze sind in Ritornellsatzform komponiert. Dabei spielt das Tutti jeweils das Thema oder einen Teil des­selben, dazwischen erklingen Soloepisoden mit thema­tischen Motiven und freien Spielfiguren. Der Solist beginnt in allen drei Sätzen mit dem gleichen Thema wie zuvor das Orchester, wie es bei den Konzerten von Quantz meistens der Fall ist. Hierzu schreibt Quantz in seinem Lebenslauf vom 14. April 1762: „Die Konzerte versuche ich (soweit mein schwaches Können es erlaubt) in der Weise zu machen, dass die Ritornelle in einem beständigen Zusammenhang mit der konzertierenden Stimme stehen und es so ein gut ausgewogenes Ganzes wird. Man kann ein Konzert nicht für gut finden, dessen Ritornelle so wenig Beziehung mit der Stimme, die konzertiert, haben, so dass man in Versuchung geraten könnte zu glauben, ein solches Konzert sei nur durch Zufall zusammengesetzt worden, oder dass ein Komponist die Ritornelle, ein anderer den konzertierenden Part und – auch das wäre möglich – ein dritter den Bass gemacht habe.“

Jan Václav Vořišek (Jan Hugo Worzischek) wurde am 11. Mai 1791 in Vamberk in Ostböhmen geboren. Er erhielt seine erste musikalische Unterweisung von seinem Vater und komponierte schon in seiner Kindheit. Im Jahr 1813 zog er nach Wien, um bei dem Pianisten und Mozart-Schüler Johann Nepomuk Hummel studieren zu können. 1814 wurde er bei der gerade gegründeten Gesellschaft der Musikfreunde zunächst als Korrepetitor, später als Dirigent und Organist eingestellt. Er übernahm alle Schüler Hummels, als dieser 1816 von Wien wegzog. Er erwarb sich einen Ruf als ausgezeichneter Konzertpianist und wurde 1822 Hoforganist in Wien. In dieser Zeit schloss er auch noch sein Jurastudium an der Universität Wien ab. Am 19. November 1825 starb er mit nur 34 Jahren an einer Lungentuberkulose, die ihn sicher um eine glanzvolle Musikerkarriere gebracht hat.
Vořišek war mit Beethoven freundschaftlich verbunden und dirigierte 1819 dessen 2. Symphonie. Auf den jungen Schubert hatte er romantisierenden Einfluss. 1817 führte Vořišek den Begriff Impromptu für ein kurzes Klavierstück ein.
Die D-Dur Symphonie op. 23 ist die einzige Symphonie Vořišeks. Sie entstand 1822/23 und zeigt den Einfluss von Beethoven. Zu seinen Lebzeiten ist sie nicht mehr im Druck erschienen, aber seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1957 ist diese Symphonie Vořišeks meistgespielte Komposition.

Dr. Meike ten Brink

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