Konzert am 22. April 2018

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 22. April 2018

Johann Wilhelm Wilms erblickt 1772 in Witzhelden im Bergischen Land das Licht der Welt. Seinen ersten musikalischen Unterricht erhält er von seinem Vater, später auch von seinem älteren Bruder und dem Dorfpfarrer. Flöte, Klavier und Orgel sind seine bevorzugten Instrumente, schon früh beginnt er auch zu komponieren. 1791 übersiedelt er nach Amsterdam, wo er sich schnell als Flötist, Klaviervirtuose, Musikpädagoge und Komponist einen Namen macht. 1805 heiratet Wilms seine vierzehn Jahre jüngere Schülerin Nicoletta Theodora Versteegh. Mit seinen Symphonien, Konzerten und Sonaten gelingt ihm der internationale Durchbruch. Mit der Vertonung des Gedichts „Wien Neêrlands Bloed“ von Hendrik Tollens gewinnt Wilms 1816 den Wettbewerb um die niederländische Nationalhymne. Seine Komposition löst 1817 „Het Wilhelmus“ ab, bevor dieses 1932 erneut die niederländische Hymne wird. 1820 erhält Wilms für seine 6. Symphonie den ersten Preis in einem Kompositionswettbewerb in Gent. Im Sommer 1821 stirbt seine Frau wenige Wochen nach einer Totgeburt, im Jahr darauf stirbt eine weitere Tochter.

Durch seine enorme Popularität, die verbunden ist mit vielen Ehrenämtern und Auftragskompositionen bleibt ihm neben seinen Tätigkeiten als Flötist, Pianist und Musikpädagoge kaum noch Zeit für freies Komponieren. Zu seiner Situation sagt er 1823 dem in Amsterdam gastierenden Pianisten und Komponisten Johann Nepomuk Hummel: „Ich bin ja nur ein armer musikalischer Tagelöhner“. Er zieht sich immer mehr aus dem öffentlichen Musikleben zurück und übernimmt eine Organistenstelle. Zudem ist er als Gutachter für die niederländische Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst tätig. Aufgrund seiner zunehmenden Sehschwäche wird er von der Kirchengemeinde 1846 pensioniert und stirbt im Jahr darauf in Amsterdam.

Zu seinen Kompositionen gehören Vokalwerke, sieben Symphonien, fünf (Konzert-)Ouvertüren, Variationen, Konzerte, Kammermusik und Klaviermusik. Die Concert-Ouvertüre in Es-Dur gehört vermutlich zu Wilms‘ letzten Orchesterkompositionen und wurde zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlicht.

Vom Konzert Nr. 132 g-Moll QV 5:193 von Johann Joachim Quantz sind in Berlin vier Manuskripte überliefert, die jeweils sechs Stimmen enthalten. Drei der Stimmensätze stammen aus der ehemaligen Königlichen Hausbibliothek und enthalten auf den Titelblättern die Zuordnung zu den Schlössern Friedrichs: „pour Charlottenbourg“, „pour Potsdam“ und „pour Sans Souci“. Der vierte Stimmensatz gehörte zum Archiv der Sing-Akademie zu Berlin, das nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang als vermisst galt, ehe es 1999 in Kiew wiederentdeckt wurde und 2001 nach Berlin zurückkehrte. Das Manuskript „pour Potsdam“ enthält einige Stimmen, die von Augustin Neuff, einem Flötenschüler von Quantz, geschrieben wurden. Außerdem sind in diesem Manuskript einige Takte mit Rötel markiert. Diese finden sich in den „Solfeggi“ wieder; das sind Flötenhefte König Friedrichs für seine täglichen Übungsstunden. Aus den vier Heften mit „Solfeggi“ wurde 1934 ein Übungsheft unter dem Titel „Das Flötenbuch Friedrichs des Großen“ mit 100 solcher kurzer Übungen herausgegeben. Darin finden sich die Takte 84-96 des Konzerts Nr. 132 unter der Nr. 64. Hierbei handelt es sich um schnelle Sequenzen von Dreiklangsbrechungen. Abschnitte aus den Soloepisoden gehörten zum täglichen Übungsprogramm Friedrichs des Großen. Der Engländer Charles Burney, ein Musikhistoriker, der 1772 Berlin besuchte, berichtet in seinem Tagebuch: „… auf dem Tische liegt ein Verzeichniß der Konzerte, welche sich im neuen Pallaste befinden, und ein Notenbuch worin, wie Se. Majestät es nennen, Solfeggi geschrieben stehen, nemlich Preludia von schweren und geschwinden Sätzen zur Uebung der Finger und Zunge, wie die eigentlichen ‚Solfeggi’ zur Uebung für die Kehle der Sänger sind. Se. Majestät haben von dieser Art Büchern für die Flöte eins in jedem Musikzimmer aller Palläste.“

Joseph Haydn (1732-1809) ist seit fast dreißig Jahren im Dienst des Fürsten Nikolaus Esterházy in Eisenstadt, als dieser im September 1790 stirbt. Sein Nachfolger Paul Anton entlässt bei seinem Regierungsantritt das Hoforchester und seinen Kapellmeister Haydn, der aber eine ansehnliche Pension erhält. Der 58jährige Haydn zieht nach Wien, wo ihn der in London tätige Konzertunternehmer Johann Peter Salomon aufsucht und ihn angeblich mit den Worten begrüßt: „Ich bin Salomon aus London und komme, Sie abzuholen; morgen werden wir einen Accord [Vertrag] schließen.“ Da Haydn nun frei von höfischen Verpflichtungen ist, kann er das Angebot annehmen und verpflichtet sich, für jedes von Salomons Konzerten eine neue Symphonie und andere Werke zu komponieren und deren Aufführung zu leiten. Zweimal, 1791/92 und 1794/95 reist Haydn nach London. Schon seine erste Ankunft in London ist ein öffentliches Ereignis. In einem Brief vom 8. Januar 1791 an Marianne von Genzigner, seine Klavierschülerin und hervorragende Pianistin, schreibt er: „[…] meine anckunft verursachte grosses aufsehen durch die ganze Stadt durch 3 Tag  wurd ich in allen Zeitungen herumgetragen: jederman ist begierig mich zu kennen, ich muste schon 6 mahl ausspeisen, und könte wenn ich wolte täglich eingeladen seyn, allein ich mus erstens auf meine Gesundheit, und 2 tens auf meine arbeith sehen, ich nehme ausser denen Milords bis nachmittag um 2 uhr keine visite an. um 4 uhr speis ich zu Hauß mit Mon. Salomon. […] alles dieses meine gnädige Frau war für mich sehr schmeichelhafft, doch wünschte ich mir auf eine zeit nach wienn fliehen zu könen um mehrere ruhe zur arbeith zu haben, dan der lärm auf denen gassen von dem allgemeinen verschiedenen Verkaufs Volck ist unausstehlich, ich arbeite zwar jezo noch an Sinfonien […].“

In Oxford wird Haydn im Juli 1791 der Titel eines Ehrendoktors verliehen, worauf er sehr stolz ist.

Die Symphonien Nr. 93-98 schreibt Haydn für die von Salomon veranstalteten Konzerte während seines ersten Londoner Aufenthaltes. Die Symphonien Nr. 99-104 entstehen vor und während der zweiten Englandreise, davon die ersten drei für die Salomon-Konzerte 1794 und die Nrn. 102-104 für die neugegründete Gesellschaft der „Opera Concerts“ für die Konzertsaison 1795. Die Symphonie Nr. 104 D-Dur (Hob. I:104) entsteht im März und April 1795 in London. Die manchmal verwendeten Beinamen „London“, „Salomon“ oder „mit dem Dudelsack“ stammen nicht von Haydn. Besetzt ist das viersätzige Werk mit 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, 2 Hörnern, 2 Trompeten, Pauken und Streichern. Die Uraufführung findet in einer großen „Dr. Haydn‘s Night“ am 4. Mai 1795 statt. Haydn schreibt dazu in seinem 4. Londoner Notizbuch: „Den 4ten May1795 gab ich mein Benefiz-Konzert im Haymarket-Theater. Der Saal war voll auserlesener Gesellschaft, a) […] eine neue Symphonie in D und zwar die zwölfte und letzte von den Englischen […]. Die ganze Gesellschaft war äußerst vergnügt und auch ich. Ich machte diesen Abend vier tausend Gulden. So etwas kann man nur in England machen.“

Zwei Tage nach der Uraufführung berichtet der Morning Chronicle: „Haydn belohnte seine wohlmeinenden Freunde, indem er für diesen Anlass eine neue Symphonie schrieb, von der die besten Kenner glauben, dass sie in jedem Satz alle seine anderen Werke an Fülle, Reichtum und Majestät überträfe.“

Dr. Meike ten Brink

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