23.04.2006

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 23. April 2006

Dr. Meike ten Brink

Noch vor wenigen Jahren hörte man im Radio die Ankündigung, dass nun das Konzert in G-Dur von Johann Joachim Quantz folge – eine nicht sehr genaue Aussage, denn von Quantz gibt es vierzig Konzerte in dieser Tonart. Gemeint war fast immer das Konzert Nr. 161 (QV 5:174). Mittlerweile werden entweder die Nummer des Konzerts (nach den Nummern in der Konzertsammlung Friedrichs des Großen) oder die Nummer des Quantz-Werkverzeichnisses von Horst Augsbach dazu gesagt. Obwohl es inzwischen auch Aufnahmen anderer Konzerte von Quantz gibt, ist das Konzert Nr. 161 noch immer das bekannteste Werk des Flötenmeisters. Quantz komponierte es um 1750 in Berlin, wo noch heute zwei Stimmensätze aufbewahrt werden. Ein weiteres Manuskript gelangte über Quantz’ Freund Johann Georg Pisendel nach Dresden. Fand also Quantz dieses Konzert selbst so gelungen, dass er es seinem ehemaligen Konzertmeister mitgab? Die Flötenstimme in der Dresdener Handschrift enthält zahlreiche Eintragungen von der Hand Moritz Fürstenaus (1824-1889), der Flötist in der Hofkapelle war und das Konzert am 14. März 1877 in Dresden zur Wiederaufführung brachte.
Mit Antonio Vivaldi (1678-1741) wurde das Solokonzert zur bedeutendsten instrumentalen Gattung seiner Zeit. Quantz erweitert in seinen Konzerten die von Vivaldi wesentlich mitgeprägte Ritornellsatzform. In seiner Autobiographie von 1755 schreibt Quantz: „Die prächtigen Ritornelle des Vivaldi, haben mir, in den künftigen Zeiten, zu einem guten Muster gedienet.“ Das Konzert Nr. 161 ist dreisätzig mit der Satzfolge schnell-langsam-schnell. Alle drei Sätze sind in Ritornellsatzform komponiert. Dabei spielt das Tutti jeweils das Thema oder einen Teil desselben, dazwischen erklingen Soloepisoden mit thematischen Motiven und freien Spielfiguren. Bei der Gestaltung der Solostimme nutzt Quantz den gesamten Umfang der damaligen Flöte aus.
Der Geheimrat Schöning schreibt über Friedrich den Großen: „Die Flöte spielte er als König meisterhaft; er hatte Kenntniß vom Generalbaß und der Composition, und hat Arien, einige Concerte und über 100 Solos componirt; auch spielte er ein wenig Klavier. Das Adagio trug er vorzüglich gut vor. Zu seinen Concerten wurde niemand anders als die dazu berufenen Musiker, und äußerst selten ein oder der andere Musikkenner gelassen.“ Überliefert sind an Flötenkompositionen vier Flötenkonzerte, 121 Sonaten für Flöte und Cembalo und vier Hefte mit Solfeggien. Weiterhin komponierte Friedrich II. zwei Symphonien (in D- und G-Dur), drei weltliche Kantaten, Märsche und einige Arien zu Opern von C. H. Graun und J. A. Hasse. Friedrichs Kompositionen waren für den privaten Gebrauch bestimmt und stammen aus der Zeit vor dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763). Seine Kompositionen lassen sich teilweise nicht genau von den Werken seiner angestellten Musiker trennen. Es lässt sich auch nicht mehr klären, inwieweit Friedrich Hilfe seiner Musiker für die Ausarbeitung seiner Ideen beanspruchte. Die besondere Stärke des Königs lag in seinem melodischen Erfindungsreichtum.
Auch Wolfgang Amadeus Mozart, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, komponierte zwei Flötenkonzerte in G- und D-Dur (KV 313, 314). Beide entstanden 1778 in Mannheim. Mozarts Fagottkonzert KV 191 wurde nach einem Vermerk des Musikverlegers André am 4. Juni 1774 in Salzburg vollendet. Es ist das erste Bläserkonzert, das Mozart überhaupt komponierte. Er schöpft dabei den gesamten Tonumfang des damaligen Fagotts aus. Mit seiner Dreisätzigkeit und der Satzfolge schnell-langsam-schnell erinnert das Konzert noch stark an Vivaldi, der im Übrigen als erster Fagottkonzerte schrieb und zwischen 1721 und 1741 nicht weniger als 39 Konzerte für dieses Instrument komponierte.
Die Instrumentation in Mozarts Fagottkonzert ist mit Streichern, zwei Oboen und zwei Hörnern sehr sparsam gehalten, wobei die Bläser – abgesehen von einigen harmonischen Aufgaben – ausschließlich auf die Tuttieinwürfe beschränkt bleiben. Der erste Satz erinnert mit seinen ritornellartigen Passagen an barocke Vorgänger, es lassen sich aber schon Ansätze der späteren Sonatenhauptsatzform erkennen. Der Satz enthält für dieses Konzert typische Elemente des Dialogs zwischen Fagott und Orchester. Der zweite Satz ist in Form einer Fagottkantilene gehalten, die vom Orchester begleitet wird. Der dritte Satz ist ein heiterer Tanzsatz, in dem der Solist durch schnelle Skalenbewegungen und Sprünge noch einmal seine Virtuosität unter Beweis stellen kann.
Michael Haydn, dessen 200. Todestag in diesem Jahr begangen wird, war der jüngere Bruder von Joseph Haydn und eines der Vorbilder des jungen Mozart. Er studierte in Wien und wurde mit zwanzig Jahren Kapellmeister des Bischofs von Großwardein. 1763 wurde er in Salzburg vom Erzbischof als „Hofmusicus und (2.) Concertmeister“ mit Gewährung der Offizierstafel (die L. und W.A. Mozart versperrt blieb) angestellt. 1773 wurde Haydn 1. Konzertmeister, 1777 Organist an der Dreifaltigkeitskirche und 1782 als Nachfolger von W.A. Mozart 1. Hof- und Domorganist. Er schuf viele kirchenmusikalische Werke, Instrumentalmusik für die fürsterzbischöfliche Kammer und Tafel sowie zahlreiche dramatische Kompositionen. Michael Haydn war W.A. Mozart freundschaftlich verbunden und beeinflusste mit seinen Symphonien, Serenaden, Divertimenti und Notturni dessen Instrumentalschaffen. Haydn war auch Wegbereiter für Mozarts Kirchenmusik bis hin zum Requiem.
Giovanni Gastoldi prägte Balletti (Tanzlieder) mit einem Refrain auf die Silben Fa-la-la-la mit den Stücken seiner Sammlung Balletti a 5 voci per cantare, sonare & ballare (Tanzlieder zu 5 Stimmen zum Singen, Spielen und Tanzen), die 1591 in Venedig gedruckt wurden. Jede Nummer der Sammlung trägt einen Titel, woraus zu schließen ist, dass diese Lieder als Begleitung zu den in der Karnevalszeit in Italien beliebten Maskentänzen gesungen wurden. Der Balletto mit dem Titel „L’Innamorata“ („Die Verliebte“) wurde mit geistlichem Text unterlegt zum Choral „In dir ist Freude“. Mit Peter Cornelius´ deutscher Textfassung „An hellen Tagen“ blieb auch der ursprüngliche Balletto „A lieta vita“ bekannt.
Dr. Meike ten Brink