Konzert am 10. September 2017

Konzert am 10. September 2017

Georg Philipp Telemann wurde1681 in Magdeburg geboren und starb 1767 in Hamburg. 2017 ist also das Telemann-Jahr, in dem der seinerzeit berühmteste und fruchtbarste Komponist Europas anlässlich seines 250. Todestages geehrt und gefeiert wird. Als Instrumentalist und Komponist war er weitgehend Autodidakt; das 1701 begonnene Jurastudium in Leipzig brach er ab und nahm vom Rat der Stadt den Auftrag an, Kantaten für die Thomaskirche zu komponieren. Er gründet ein Collegium musicum (Amateurorchester) und übernahm die Leitung der Leipziger Oper, an der er eigene Bühnenwerke herausbrachte. 1704 wurde er Organist und Musikdirektor an der Neuen Kirche. Weitere Stationen als Kapellmeister, Musikdirektor oder Konzertmeister waren ab 1705 am Hof in Sorau (Brandenburg), ab 1706 Eisenach und ab 1712 Frankfurt am Main. Im Sommer 1721 trat Telemann als Musikdirektor und Kantor am Johanneum in den Dienst der Stadt Hamburg. Er komponierte Kantaten für die fünf Hauptkirchen und Festmusik für Veranstaltungen der Stadt. 1722-37 leitete er die Hamburger Oper, für die er zahlreiche Bühnenwerke schrieb.

Telemanns musikalischer Nachlass ist außerordentlich umfangreich (über 3600 verzeichnete Werke) und umfasst alle zu seiner Zeit üblichen Musikgattungen. Die Kompositionen sind im Telemann-Werke-Verzeichnis (TWV) von Martin Ruhnke aufgelistet. Seine Instrumentalwerke sind oft stark von französischen und italienischen, gelegentlich auch folkloristischen polnischen Einflüssen geprägt. Seine 1701 begründete Freundschaft mit Georg Friedrich Händel dauerte sein ganzes Leben an.
Telemann war selbst als Verleger tätig und stach seine Kupferplatten selbst. Bis 1740 veröffentlichte er 46 Notenwerke im Selbstverlag. Als Telemann Hamburg 1737 für eine lange geplante Reise nach Paris verließ, waren seine Kompositionen bereits in ganz Europa bekannt, nicht zuletzt dank der zahlreichen Drucke. Vielleicht schon zur Vorbereitung auf den Paris-Besuch hatte Telemann1730 eine erste Reihe mit sechs Quartetten in Hamburg unter dem italienischen Titel „QUADRI à VIOLINO, FLAUTO TRAVERSIERE, VIOLA DA GAMBA O VIOLONCELLO, E FONDAMENTO; ripartiti in 2. CONCERTI, 2. BALLETTI, 2. SONATE, e compòsti da GEORGIO FILIPPO TELEMANN“ veröffentlicht. Diese wurden 1736 von dem französischen Notenverleger Le Clerc nachgedruckt als „SIX QUATUORS A Violon, Flute, Viole ou Violoncelle et Basse continuë PAR Mr. TELEMANN. Maitre de Chapelle et Directeur de la musique A hambourg.“ 1738, während Telemanns Paris-Aufenthalts, veröffentlichte Le Clerc eine zweite Serie mit sechs Quartetten unter dem Titel „Nouveaux QUATUORS EN Six Suiten A une Flûte Traversiere, un Violon, une Basse de Viole, ou Violoncel, et Basse Continuë. COMPOSÉS PAR George Philippe TELEMANN “. Ob diese erst in Paris entstanden sind oder ob Telemann sie schon in seinem Reisegepäck hatte, ist nicht bekannt. In seiner Autobiographie aus dem Jahr 1740 schreibt Telemann: „Meine längst-abgezielte Reise nach Paris, wohin ich schon von verschiedenen Jahren her, durch einige der dortigen Virtuosen, die an etlichen meiner gedruckten Wercke Geschmack gefunden hatten, war eingeladen worden, erfolgte um Michaelis, 1737. und wurde in 8. Monathen zurück geleget. Daselbst ließ ich, nach erhaltenem Königl. Generalprivilegio auf 20 Jahr, neue Quatuors auf Vorausbezahlung […], in Kupffer stechen. Die Bewunderungswürdige Art, mit welcher die Quatuors von den Herren Blavet, Traversisten; Guignon, Violinisten;Forcroy dem Sohn, Cambisten; und Edouard, dem Violoncellisten, gespielet wurden, verdiente, wenn Worte zulänglich wären, hier eine Beschreibung. Gnug, sie machten die Ohren des Hofes und der Stadt ungewöhnlich aufmercksam, und erwarben mir, in kurtzer Zeit, eine fast allgemeine Ehre, welche mit gehäuffter Höflichkeit begleitet war.“ Alle zwölf Kompositionen der beiden Reihen haben dieselbe Besetzung. Die ersten sechs Pariser Quartette repräsentieren drei Nationalstile: zwei italienische Konzerte, zwei deutsche Sonaten und zwei französische Suiten. Bei dem Quartett TWV 43:G1 handelt es sich um die erste Komposition aus dieser ersten Reihe, also um ein italienisches Concerto. Die zweite Serie Pariser Quartette unterscheidet sich von der ersten durch durchweg französische Satzbezeichnungen und Komposition in Form von Suiten. Das Quartett TWV 43:D3 ist das erste aus dieser zweiten Reihe, das Quartett TWV 43:e4 das letzte. Die Stücke waren eine Hommage an die französische Nation, die Telemann viel Ehre bei seinem Besuch erwies.

In seinem Lehrwerk „Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen“ aus dem Jahr 1752 schreibt Quantz über ein Quartett folgendes: „Ein Quatuor, oder eine Sonate mit drey concertirenden Instrumenten, und einer Grundstimme, ist eigentlich der Probierstein eines echten Contrapunctisten; aber auch eine Gelegenheit, wobey mancher, der in seiner Wissenschaft nicht recht gegründet ist, zu Falle kommen kann. […] Zu einem guten Quatuor gehöret: 1) ein reiner vierstimmiger Satz; 2) ein harmonischer guter Gesang; 3) richtige und kurze Imitationen; 4) eine mit vieler Beurtheilung angestellete Vermischung der concertirenden Instrumente; 5) eine recht baßmäßige Grundstimme; 6) solche Gedanken die man mit einander umkehren kann […] 7) Man muß nicht bemerken können, ob diese oder jene Stimme den Vorzug habe. 8) Eine jede Stimme muß, wenn sie pausiret hat, nicht als eine Mittelstimme, sondern als eine Hauptstimme, mit einem gefälligen Gesange wieder eintreten […] 9) Wenn eine Fuge vorkömmt; so muß dieselbe, mit allen vier Stimmen, nach allen Regeln, meisterhaft, doch aber dabey schmackhaft ausgeführet seyn.
Sechs gewisse Quatuor für unterschiedene Instrumente, meistentheils Flöte, Hoboe, und Violine, welche Herr Telemann schon vor ziemlich langer zeit gesetzet hat die aber nicht in Kupfer gestochen worden sind, können, in dieser Art von Musik, vorzüglich schöne Muster abgeben.“ Quantz bezieht sich hier auf frühe Quartette Telemanns, komponiert vor 1734, obwohl ihm auch die neueren gedruckten Quartette bekannt gewesen sein müssen. Telemann schrieb offenbar nach Erscheinen des „Versuchs“ an Quantz. Obwohl dieser Brief nicht überliefert ist, kann man aus Quantz‘ Antwort vom 11.1.1753 schließen, dass Telemann nachgefragt hat, warum Quantz nur auf seine frühen Quartette verweist: “Über einen Punkt muß ich mich etwas deutlicher erklären. Ich werfe mich keineswegs zum Richter über Ihr […] Quatuor auf. Ich will nicht hoffen, daß ich zu dießen Gedancken vorsätzlich Anlaß gegeben haben sollte. […] Ich bin mehr als zu überzeugt daß Sie Hochgeehrtester Herr wohl noch eine große Menge von gleicher, wo nicht mehrerer Güte theils schon verfertiget haben, theils noch alle Tage zu verfertigen Feuer, Erfindung und Beurtheilungskraft im Überflusse besitzen. Daß ich aber oben die gedachten Quatuor angeprießen habe, ist die Ursache, weil sie mir mehr als die anderen bekannt sind; da ich nun alle Vollkommenheiten guter Quatuor darinnen vereinigt finde; so glaube ich daß ich weiter nachzusuchen nicht einmal nöthig hätte. Eben dieße Quatuor sin diejenigen, die mir selbst die Eigenschaften guter Quatuor, zu erst, und am deutlichsten vor Augen gestellet, und mich angefeuert haben, mich vor einigen Jahren in eben dießes Felt zu wagen. Wollten Sie mirs verdenken, wenn ich, ohne den übrigen zu nahe zu treten, für dieße eine vorzügliche Liebe habe?“

Von Johann Joachim Quantz sind etwa 180 Solosonaten überliefert. Dabei nimmt die Sonate Nr. 275 (QV 1:161).eine Sonderstellung ein, da sie zu den wenigen Sonaten gehört, die die Satzfolge schnell – langsam – schnell aufweisen, während fast alle anderen Sonaten die Satzfolge langsam – schnell – schnell haben. Georg Thouret schreibt hierzu: „Die Sonaten 272 – 277 […] zeichnen sich durch Schwung und Feuer aus; sie dürften zu dem Besten gehören, was Quantz überhaupt geschrieben hat.“ Die Entstehungszeit dieser Sonaten liegt um 1750 in Potsdam. Die Solosonaten zeichnen sich durch thematische Vielfalt, gesangliche Melodik, grazile Ornamentik und melodische Basslinien aus. Sie zeigen Quantz’ Beherrschung des galanten Stils.
Die dreisätzige Triosonate e-Moll QV 2:20 ist von Quantz in Dresden komponiert worden, also vor 1741. Die Handschrift dieser Sonate gehört zu der nach dem ehemaligen Aufbewahrungsort als „Schrank II“ bezeichneten Sammlung von Instrumentalwerken der Dresdner Hofkapelle.

Dr. Meike ten Brink

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