27. April 2014

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 27. April 2014

Dr. Meike ten Brink

Dr. Meike ten Brink

Den Auftakt des Konzerts bildet die Serenade Nr. 2 von Alexander Konstantinowitsch Glasunow, der 1865 in St. Petersburg geboren wurde. Sein Vater war ein bekannter Buchverleger, den ersten Musikunterricht erhielt er von der Mutter. Schon früh fielen sein ausgezeichnetes Gehör und sein erstaunliches musikalisches Gedächtnis auf. 1880 begann er ein privates Studium bei Nikolai Rimski-Korsakow, der über ihn schrieb: „Er brauchte nicht viel bei mir zu studieren. Er entwickelte sich musikalisch nicht Tag für Tag, sondern Stunde für Stunde.“ Mit sechzehn Jahren vollendete Glasunow bereits die erste seiner neun Symphonien. Die Uraufführung dieses Werks im Jahr 1882 bedeutete für ihn den musikalischen Durchbruch. Zwei Jahre später entstand die Serenade Nr. 2 in F-Dur op. 11 für ein kleines Orchester, besetzt mit Streichern, Holzbläsern und Hörnern. Sie beginnt mit einer nur von den Klarinetten begleiteten Flötenmelodie, die dann von den Violinen übernommen wird und im Verlauf des Stückes in unterschiedlichen Stimmen erscheint. Neben dieser Melodie gibt es auch noch weitere Themen, aber am Ende kehrt das Anfangsthema zart in den Streichern zurück.
1899 wurde Glasunow Professor am Petersburger Konservatorium und 1905 Leiter dieses Instituts. 1928 verließ er Russland und ließ sich in Paris nieder, wo er 1936 starb.

Darius Milhaud wurde 1892 in Marseille geboren und wuchs in Aix-en-Provence auf. Er erhielt zunächst Violinunterricht und setzte seine musikalische Ausbildung später am Pariser Konservatorium fort, wo er zusammen mit Arthur Honegger und Jacques Ibert studierte. Bereits 1910 begann er mit der Komposition seiner ersten Oper. 1912 wurde er mit dem Dichter Paul Claudel bekannt gemacht, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Als Claudel 1916 als Botschafter nach Brasilien ging, begleitete Milhaud ihn als sein Sekretär und lernte so die südamerikanische Musik kennen. 1919 kehrte er nach Paris zurück, wo er zur „Groupe des Six“ gehörte, einem losen Zusammenschluss von sechs französischen Komponisten um den Schriftsteller Jean Cocteau und den Komponisten Erik Satie. Innerhalb der Gruppe herrschten sehr unterschiedliche ästhetische Vorstellungen, aber die Mitglieder verband die gemeinsame Ablehnung der Musik vor allem Wagners und die Abwendung vom musikalischen Impressionismus. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs emigrierte Milhaud in die USA und nahm eine Lehrtätigkeit am Mills College in Oakland auf. 1947 folgte er einem Ruf an das Pariser Konservatorium und unterrichtete von da an jährlich wechselnd dort und am Mills College. Er starb 1974 in Genf, wo er seit 1971 lebte.
In Milhauds umfangreichem Schaffen ist fast jede Musikgattung berücksichtigt; oftmals zeigt sich seine Experimentierfreudigkeit. In den sechs kleinen dreisätzigen Symphonien (1917-23), von denen die längste nur sieben Minuten dauert, nutzt er die Qualität der klaren Darstellung durch ein gering besetztes Musikensemble. Die Petite Symphonie Nr. 3 „Serenade“ op. 71, besetzt mit Flöte, Klarinette, Oboe Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass, entstand 1921und zeigt Milhauds Witz und frechen Humor. Ein für ihn typisches Stilmittel ist die Polytonalität, also die Überlagerung mehrerer Tonarten. Milhaud begründete die Eigenständigkeit seiner Kompositionen folgendermaßen: „Für mich existieren keine ästhetischen Gesetze, keine Philosophie oder Theorie. Ich schreibe Musik und ich liebe sie.“

Die Serenade für Orchester Nr. 9 D-Dur KV 320 (Posthorn-Serenade) von Wolfgang Amadeus Mozart ((1756-1791) entstand 1779 in seiner Heimatstadt Salzburg. Mozart komponierte sie als „Finalmusik“ für die Studenten der Salzburger Universität zur Feier ihres Studienabschlusses, bevor sie (mit Postkutschen) wieder in ihre Heimat zurückkehrten. Die Struktur des Werks ist symmetrisch: der mittlere der sieben Sätze, das Rondeau, wird von zwei langsamen Sätzen, zwei Menuetten und den beiden Ecksätzen umrahmt. Besetzt ist die Serenade mit zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Fagotten, einem Horn, zwei Trompeten, Posthorn, Pauken und Streichern. Die Bläser werden dabei teils solistisch und teils in ungewöhnlichen Kombinationen eingesetzt. Der dritte und vierte Satz enthalten herausragende Solosequenzen für Flöte und Oboe. Im sechsten Satz erklingt im ersten Trio ein Flautino (hohe Flöte), im zweiten Trio hat das Posthorn, das der Serenade ihren Beinamen gab, seinen Soloauftritt mit typischen Signalfiguren.

Johann Joachim Quantz komponierte das Konzert Nr. 57 e-Moll QV 5:120 wahrscheinlich während seiner Dresdener Zeit um 1730. Es ist das einzige Konzert von Quantz, das zu seinen Lebzeiten gedruckt wurde. Dieser Druck erschien unter dem Titel „CONCERTO / PER IL / FLAUTO TRAVERSO / Con Due Violini / Alto Viola e Basso continuo / DEL SIGNOR / QUANTZ / Prix 2.tt 8.Sols. / A PARIS / Chez M.me Boivin M.de […]. / AVEC PRIVILEGE DU ROY.“ Elisabeth Catherine Boivin führte den Verlag Boivin in Paris von 1733 bis 1753, so dass der Druck auf jeden Fall aus der Zeit nach 1733 stammt. Die zwei Berliner Stimmensätze dieses Konzerts aus der Konzertsammlung Friedrichs des Großen sind im Krieg verloren gegangen, jedoch gibt es noch drei weitere Manuskripte (in Berlin, Schwerin und Münster).
Alle drei Sätze des Konzerts sind in Ritornellsatzform komponiert, das heißt, Tutti- und Soloabschnitte wechseln einander ab. Dabei spielt das Tutti jeweils das Thema oder einen Teil des­selben, dazwischen erklingen Soloepisoden mit thema­tischen Motiven und freien Spielfiguren. Der erste und dritte Satz bestehen aus jeweils fünf Ritornellen mit vier eingeschobenen Soloepisoden, der Mittelsatz enthält drei Ritornelle mit zwei Soloepisoden. In allen drei Sätzen lässt sich das Anfangsritornell in zwei Teile gliedern, von denen der zweite jeweils das Schlussritornell des Satzes bildet.

Dr. Meike ten Brink