24.02.2008

Dr. Meike ten Brink

Johann-Joachim-Quantz-Konzert am 24. Februar 2008

Wolfgang Amadeus Mozart wurde am 27.1.1756 in Salzburg geboren. Sein Vater, der Komponist Leopold Mozart, entdeckte früh die außerordentliche musikalische Begabung seines Sohnes. Seine ersten Kompositionsversuche machte Mozart als Fünf- bis Sechsjähriger. Auch Wolfgangs ältere Schwester Maria Anna (Nannerl) war musikalisch sehr begabt und trat mit ihrem Bruder bei Konzerten auf. Schon 1762 machte der Vater mit seinen Kindern Reisen nach München und Wien, um das Wunderkind beispielsweise Kaiserin Maria Theresia vorzustellen. 1763 startete die Familie zu einer ausgedehnten Tournee durch Westeuropa, die bis zur Rückkehr nach Salzburg 1766 dreieinhalb Jahre dauerte. Zu den wichtigsten Stationen der Reise gehörten Paris und London, wo die Kinder bei Hofe oder in öffentlichen Akademien musizierten. Für Aufführungen auf dieser Reise schuf Wolfgang Amadeus Mozart seine ersten Sinfonien, und es erschienen die ersten gedruckten Kompositionen, nämlich 16 violinbegleitete Sonaten für Klavier. Von besonderer Bedeutung ist die Begegnung zwischen Johann Christian Bach und Mozart in London. Im April 1764 musizierten Bach und der achtjährige Mozart erstmals gemeinsam. Leopold Mozart empfahl seinem Sohn die Kompositionen Bachs ausdrücklich zur Nachahmung. Stilistische Einflüsse des Londoner Bach lassen sich in Mozarts ersten Symphonien nachweisen und noch bis in seine reifsten Werke weiterverfolgen. So entstand die erste Symphonie Es-Dur (KV 16) 1764/65 (also mit knapp neun Jahren komponiert!) in London unter dem Einfluss Bachs und Carl Friedrich Abels. Leopold Mozart griff bei den frühen Werken noch regelmäßig korrigierend in die Kompositionen seines Sohnes ein. So finden sich auch im Manuskript der ersten Symphonie zahlreiche Eintragungen von der Hand des Vaters. In ihrer dreisätzigen Anlage mit einem zweiteiligen, von Kontrasten geprägten Kopfsatz, einem liedhaften Mittelsatz und dem Presto-Finale folgt die Symphonie der italienischen Form.

Johann Christian Bach, Londoner oder Mailänder Bach genannt, wurde am 5.9.1735 als jüngster Sohn Johann Sebastian Bachs geboren. Nach dessen Tod kümmerte sich der Halbbruder Carl Philipp Emanuel Bach in Berlin um die musikalische Ausbildung Johann Christians. Dieser lernte hier die Brüder Graun, Franz Benda, Johann Joachim Quantz, Johann Friedrich Agricola und Johann Philipp Kirnberger kennen und ging 1756 nach Italien, um seine Ausbildung bei Padre Martini in Bologna fortzusetzen. Er trat zum Katholizismus über und wurde 1760 zum Organisten am Mailänder Dom ernannt. Sein wachsender Ruf als Opernkomponist brachte ihm 1762 einen Vertrag in London ein. Zusammen mit dem Komponisten und Gambenvirtuosen Carl Friedrich Abel rief er die Bach-Abel-Concerts ins Leben, eine der ersten Abonnement-Konzertreihen. Diese Konzerte zählten jahrelang zu den beliebtesten Veranstaltungen im Gesellschaftsleben Londons. Bach und Abel brachten dabei ihre neuesten Symphonien und Solokonzerte zu Gehör, zudem standen Auszüge aus Opern und geistliche Chorwerke auf dem Programm. In diesen Konzerten wurden auch erstmals die Werke Joseph Haydns vorgestellt.
Johann Christian Bach übertrug die gesangliche Schreibweise des italienischen Belcanto auch auf seine Symphonien. Bachs Sinfonien bestehen meist aus drei Sätzen: einem schnellen Satz in Sonatenhauptsatzform, einem langsamen Satz als lyrischem Ruhepunkt und einem tänzerisch bewegten Finale. Eine besondere Stellung in der Reihe von Bachs Sinfonien nimmt die Symphonie g-Moll op. 6 Nr. 6 ein, die einzige in einer Molltonart. Sie bedient sich der Sprache des musikalischen Sturm und Drang (leidenschaftlich erregter Gestus, scharfe dynamische Kontraste auf engstem Raum) und gilt als eines der am persönlichsten wirkenden Werke ihres Komponisten.

Johann Joachim Quantz komponierte das Konzert Nr. 283 G-Dur QV 5:182 vermutlich um 1770 in Berlin, so dass es zu seinen späten Werken gehört. Die zwei Handschriften der Komposition werden in Berlin aufbewahrt und tragen den Titel: No: 283. Concerto, à 5, Flauto Traverso, Due Violini, Violetta e Basso. di Quantz. Für den langsamen Mittelsatz des Konzerts komponierte Quantz zusätzlich eine Fagottstimme. Friedrich Nicolai berichtet hierzu, „daß in den letzten Jahren ehe Quantz starb, die mit einem Pianoforte und Violoncell besetzte Baßstimme mit einem Fagotte verstärkt ward.“ Von Quantz’ etwa dreihundert Flötenkonzerten ist bei ungefähr einem Zehntel für den zweiten Satz ein Fagott ad libitum vorhanden, und zwar vorwiegend bei den späteren Konzerten. Alle drei Sätze des Konzerts Nr. 283 sind in Ritornellsatzform komponiert, das heißt, Tutti- und Soloabschnitte wechseln einander ab. Dabei spielt das Tutti jeweils das Thema oder einen Teil desselben, dazwischen erklingen Soloepisoden mit thematischen Motiven und freien Spielfiguren.

Carl Friedrich Abel wurde am 22.12.1723 in Köthen als Sohn eines Gambenvirtuosen geboren, der in Johann Sebastian Bachs Hofkapelle mitspielte. Carl Friedrich, ebenfalls Gambist, gehörte ab 1748 neun Jahre lang unter dem Dirigenten Johann Adolf Hasse der Dresdner Hofkapelle an, in der auch Johann Joachim Quantz bis 1741 gewirkt hatte. Abel lebte ab 1759 in London, wo er komponierte, Konzerte gab und zum Kammermusiker der Königin Sophie Charlotte ernannt wurde. Er schloss Freundschaft mit Johann Christian Bach, mit dem er – wie schon erwähnt – eines der wichtigsten europäischen Konzertunternehmen der Zeit führte. Als der achtjährige Wolfgang Amadeus Mozart sich 1764 in London aufhielt, schrieb er die Symphonie Es-Dur op. 7 Nr. 6 Carl Friedrich Abels in sein Notenbuch. Ob es sich um eine Abschrift oder eine Niederschrift nach einem Konzert handelt, wissen wir nicht. Mozart änderte allerdings die Bläserbesetzung: anstelle der Oboen setzte er die neu aufkommenden Klarinetten ein; das Fagott übernimmt die Partie des Solo-Cellos. Da Mozarts Notenbuch ansonsten nur seine eigenen Kompositionen enthielt, dachte man lange, dass diese Symphonie Abels ein Werk des jungen Mozart wäre. Sie wurde deshalb unter der Nummer 18 ins Köchel-Verzeichnis aufgenommen. In der neuen Auflage dieses Verzeichnisses befindet sich das Werk im Anhang unter den eigenhändigen Abschriften Mozarts unter der Nr. A.51.
Der Erfolg der Bach-Abel-Concerts nahm schon vor Bachs Tod 1782 allmählich ab. Nach seinem Tod führte Abel die Konzerte noch ein Jahr erfolglos fort. Er unternahm Konzertreisen, kehrte aber 1785 nach London zurück, wo er 1787 in ärmlichen Verhältnissen starb. Seine Kompositionen umfassen Symphonien, Konzerte, Kammermusik und eine große Anzahl von Werken für Gambe. Das musikalische Schaffen Abels steht stilistisch der Mannheimer Schule nahe. Walter Knape erstellte 1971 ein Werkverzeichnis für Abels Kompositionen (WKO).

Dr. Meike ten Brink